Sehr geehrter Herr Krogmann,
der bevorstehende Flaggentag steht dieses Jahr vor dem Hintergrund des von Russland begonnenen
Ukrainekrieges unter besonders alarmierenden Vorzeichen:
Weltweit befinden sich noch immer über 12500 Atomwaffen in den Arsenalen der Atommächte, rund 2000 Sprengkörper werden in ständiger Alarmbereitschaft gehalten. Mehrere Mächte rüsten nuklear auf oder stehen kurz davor.
Alle wissen: Die Gefahr eines nuklearen Winters und einer weltweiten Zerstörung kann nur durch energische Schritte zur Abrüstung und wirksame Kontrollabmachungen gebannt werden. Dies ist heute umso dringlicher, als drei wichtige Verträge – ABM, INF, ‚open sky‘ – von der nuklearen
Großmacht USA aufgekündigt wurden, ein vierter – ‚umfassender‘ Teststopp von 1996 – nicht ratifiziert wird. – Russland hat für den Fall einer „existenziellen Bedrohung“ den Einsatz von Atomwaffen nicht
ausgeschlossen.-
Übrig bleibt der Atomwaffensperrvertrag als die bedeutendste heute geltende Kontrollabmachung. Aber indem der nicht nur die Weitergabe von Atomwaffen verbietet und die zivile Nutzung der Kernenergie regelt, sondern auch die Atomwaffenstaaten zur „vollständigen Abrüstung“ verpflichtet, bestehen ernsthafte Zweifel an der gesamten Umsetzung seiner Zielsetzungen. – Die New-START- Kontrollverhandlungen wurden dieses Jahr von Russland ‚ausgesetzt‘.
Angesichts dieser Lage verdienen die jahrelangen Bemühungen der Mayors for Peace besondere Beachtung.
Ihr Engagement hat dazu beigetragen, dass der Atomwaffenverbotsvertrag zustande kam, …dass er am 7.Juli 2017 von der UNO beschlossen wurde und am 22.1.2021 nach der Unterzeichnung der ersten 50 Staaten völkerrechtliche Geltung erlangt hat. Deutschland hat den Vertrag nicht unterschrieben. Die Bundesrepublik beherbergt unter dem Motto der ‚atomaren Teilhabe‘ in Büchel/ Pfalz ein Arsenal von 20 modernisierten atomaren Sprengkörpern, die im Ernstfall von Kampfpiloten der Bundeswehr zum Einsatz gebracht werden sollen.
Demgegenüber und im Blick auf Oldenburg begrüßen wir es, dass sich der Rat der Stadt Oldenburg in seiner Entschließung am 29. Juni 2020 dem ICAN-Städteappell* angeschlossen hat, in dem die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert wird, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten.
Ihnen, sehr geehrter Herr Krogmann, danken wir für die Bemühungen, die Sie in den letzten Jahren zur Unterstützung dieses Vorhabens unternommen haben. Besonders nennen möchten wir hier die vom Kulturamt unternommenen Veranstaltungen, auch wenn sie wegen der ‚Corona‘-bedingten Einschränkungen nicht die volle öffentliche Aufmerksamkeit gefunden haben.
Leider haben sich die Schulen und Bildungseinrichtungen entgegen den von Ihnen seinerzeit geäußerten Vorschlägen der Problematik der Atomwaffen wie uns scheint nicht genügend angenommen. Und der ICAN-Appell des Rats ist von den Ratsparteien selber kaum weitergetragen worden.
Wir bitten Sie, aus Anlass des diesjährigen Flaggentages in Ihrem Engagement fortzufahren und sich
gemäß den Zielen und weltweiten Aktivitäten der Mayors for Peace verstärkt für das öffentliche Bewusstsein
um nukleare Abrüstung und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag einzusetzen!
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Peter Niebuhr
Anmerkungen:
* Wortlaut und weitere Erklärungen siehe im ff. oder auf der Rückseite
* Dieses Schreiben wird unterstützt vom Oldenburger Aktionsbündnis gegen Aufrüstung, Krieg und Militarisierung
Sitzung: 29.06.2020 Rat Gemeinsamer Antrag SPD, Grüne Linke ICAN-Appell
Beschluss: ungeändert beschlossen
Oldenburg unterstützt den Vertrag zum Verbot von Atomwaffen
1. Die Stadt Oldenburg begrüßt das Engagement des 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Bündnis ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear Weapons) und unterzeichnet den Städte-Appell der deutschen ICAN-Sektion #ICANSave meine Stadt, der wie folgt lautet:
“Unsere Stadt/unsere Gemeinde ist zutiefst besorgt über die immense Bedrohung, die Atomwaffen für Städte und Gemeinden auf der ganzen Welt darstellt. Wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohner und Einwohnerinnen das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben. Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen 2017 und fordern die Bundesregierung zu deren Beitritt auf.“
2. Der Oberbürgermeister wird die Unterstützung der Stadt Oldenburg für den Städte-Appell aktiv im Netzwerk der bestehenden Städtepartnerschaften kommunizieren und um vergleichbare Beschlüsse in diesen Kommunen werben.
3. Die Stadt Oldenburg knüpft damit zugleich an die Initiative „Mayers for Peace“ an, die sich für atomare Abrüstung und eine Zukunft ohne Atomwaffen einsetzt und von Oldenburg schon seit Langem mitgetragen wird.